Wie du Pressemitteilungen strategisch nutzt, nicht als PR Gießkanne, sondern für gezieltes Selbstmarketing
Pressemitteilungen sind kein Relikt aus der PR Mittelsteinzeit. Richtig eingesetzt sind sie ein schnörkelloses, messbares Werkzeug: für Sichtbarkeit, Thought Leadership, Recruitingsignale, Produktlaunches oder zur Steuerung der Public Narrative. Der Trick liegt nicht im Schreiben allein, sondern in Strategie, Zielgruppenfokus, Distribution und Messbarkeit. Dieses Dreamcodes Tutorial zeigt dir Schritt für Schritt, wie du Pressemitteilungen zu einem wiederverwendbaren Kanal für Selbstmarketing machst.
1. Wann eine Pressemitteilung sinnvoll ist und wann nicht
Bevor du tippst: frage dich, ob der Inhalt wirklich „nach draußen“ gehört.
Sinnvoll, wenn:
- Du ein echtes, prüfbares Ereignis hast (Launch, Partnerschaft, Fundraising, Studie, Award, neuer Standort).
- Du Expertise zeigen willst (Studie/Report, Whitepaper mit überraschender Erkenntnis).
- Du Recruiting Signale setzen willst (Expansion, neue Rollen, Employer Branding).
- Du Reputation und Trust aufbauen willst (Kundenreferenz, Zertifizierung).
Nicht sinnvoll, wenn:
- Es nur eine interne Kleinigkeit ist (zB. „neues Headset eingekauft“).
- Du reinen Sales-Spam in Presseform verteilst.
- Du eine Story eher als Content-Marketing (Blog, Longread) behandeln solltest.
Kurz und knapp sind Pressemitteilungen Hebel für glaubwürdige, öffentliche Statements. Nutze sie nur, wenn sie wirklich etwas kommunizieren möchtest, das Dritte interessieren kann.
2. Ziele definieren, bevor du schreibst
Eine Mitteilung ohne Ziel ist ein Brief ohne Empfänger. Typische Ziele:
- Medienberichterstattung (Fach- oder Branchenpresse)
- Traffic / SEO-Signals (eingebettete Inhalte, Backlinks)
- Leadgenerierung (Event-Registrierung, Whitepaper-Downloads)
- Employer Branding (Talente erreichen)
- Reputationsaufbau (Positionierung als Experte)
3. Audience & Targeting bzw. wen willst du erreichen?
Definiere konkrete Segmente: Journalisten (Branche X), Influencer, Fachcommunity, potenzielle Kunden, Recruiter. Nicht „alle“. Je klarer das Target, desto präziser Headline/Tonalität/Distribution.
Erstelle eine Mini-Liste mit:
- 5 Top-Medien (Name + Kontakt)
- 10 relevante Redakteure/Autoren (E-Mail oder Twitter/X)
- 3 Branchen-Newsletter oder Community-Slack/Discord
- 2 relevante LinkedIn-Gruppen / Foren
Diese Liste ist dein Verteiler und Maßstab für jeglichen weiteren Erfolg.
4. Aufbau einer Pressemitteilung, das präzise Gerüst
Eine gute PM ist schnörkellos, informativ und nutzwertig für den Redakteur. Halte die Struktur ein:
- Headline (max. 12 – 14 Wörter) – klarer Nutzen oder Nachrichtensignal.
Beispiel: „Startup XY sichert 3 Mio. Euro Seed-Finanzierung zur Skalierung von Produkt Z“ - Lead (1 – 2 Sätze) – die Kernaussage: Wer? Was? Wann? Warum relevant?
Beispiel: „München, 12. Mai – Startup XY hat eine Seed-Runde über 3 Mio. Euro abgeschlossen. Das Kapital fließt in …“ - Nutzen / Faktenblock (2 – 4 Absätze) – was genau passiert, Zahlen, Hintergründe, Quotes.
- Kurz, präzise, mit harten Fakten.
- Bulletpoints, wenn viele Fakten.
- Zitat (1 – 2 Sätze) – von Gründer/in oder relevanter Person. Muss Mehrwert bieten, keine Floskeln.
Beispiel: „Mit dem Kapital beschleunigen wir …“, sagt CEO XY. - Kontext / Relevanz (1 – 2 Absätze) – warum das Thema jetzt wichtig ist (Marktentwicklungen, Studienhinweis). Keine Spekulationen!
- Call to Action / weiterführende Links – Link zum Pressekit, PDF, Anmeldung, Bildmaterial.
- Boilerplate (2 – 3 Sätze) – Standardinfo zur Firma. Kurz, prägnant, evergreen.
- Kontakt — Name, Rolle, E-Mail, Telefon, ggf. Verfügbarkeit für Interviews.
Formale Regeln: max. 400 – 600 Wörter, klare Sätze, keine Fachjargon-Füllsel, Dateiformate: TXT/HTML + PDF, Bilder separat in hoher Auflösung.
5. Headline & Lead: Die zwei wichtigsten Elemente
Redakteure entscheiden in Sekunden. Die Headline zieht, der Lead bestätigt Relevanz.
Headline-Checklist:
- Bringt sie ein News-Signal? (Funding, Launch, Studie, Award)
- Nimmt sie ein „Warum jetzt“ mit?
- Ist sie prägnant & suchfreundlich (1 – 2 Keywords für SEO)?
Lead-Taktik: beantworte kompakt die W-Fragen (Wer, Was, Wann, Wo, Warum) und gib einen Hook, der zur weiterführenden Story führt.
6. Zitate richtig einsetzen
Zitate sind kein Fülltext. Nutze sie für:
- Insight oder Perspektive, die über Fakten hinausgeht.
- Einen menschlichen Bezug herstellen.
- Narrativ stärken (Ambition, Plan, Kundenerfolg).
Formuliere Zitate knapp, konkret – keine „wir sind begeistert“-Füllformeln. Beispiel: „Dieses Resultat beweist, dass unser Ansatz X für Y tatsächlich wirkt, wir haben Conversion um 32% gesteigert“, sagt CTO XY.
7. Multimedia & Assets — unverzichtbar
Gute Assets erhöhen Publikationschance massiv.
Pack ins Pressekit:
- Zwei Bildvarianten (Porträt & Produkt), hochauflösend + Weboptimiert.
- Logo in Vektorformat (SVG/EPS) und PNG.
- 1–2 kurze B-Roll-Clips oder Demo-GIFs (falls relevant).
- Datasheet / Fact Sheet (PDF) mit Kernkennzahlen.
- Kontakt für kurzfristige O-Ton-Interviews.
Benenne Dateien klar: companyname_logo.svg, ceo_portrait_3000x2000.jpg, product_demo_30s.mp4.
8. Distribution, nicht alle Wege sind gleich
Verteilerplanung entscheidet. Priorisiere:
- Direkt an Redakteure (personalisierte Mail). Hier zählt Relevanz & Betreffzeile.
- Branchen-Newsletter & Portale (Paid & Organic).
- Presseportale/Newswire (für Reichweite, weniger für Qualität).
- Owned Channels: Website Pressebereich + LinkedIn/Facebook/Instagram-Teaser.
- Paid Amplification: Social Ads oder Sponsored News für wichtige Releases.
E-Mail-Pitch-Taktik: Betreff prägnant + Relevanz in 1–2 Sätzen, Link zur PM + Angebot für Interview. Kein Massenmailing ohne Personalisierung.
9. Timing & Follow-Up
Timing ist Magnet. Veröffentlichungstage: Dienstag–Donnerstag früh morgens wirken am besten für Fachpresse.
Follow-Up:
- 24 – 48 Stunden: persönliches Follow-up per E-Mail (kein Spam).
- 72 Stunden: telefonisches Nachhaken bei Top-Kontakten (wenn angeboten).
- 7 – 10 Tage: Pitch an sekundäre Kanäle, Social-Push.
Wichtig: Respektiere Redaktionsrhythmen – 1–2 Follow-ups sind okay, mehr wirkt aufdringlich.
10. SEO & Online-Auffindbarkeit
Pressemitteilungen können Suchsignale senden, aber nur, wenn sauber umgesetzt.
- Inkludiere 1–2 Keywords natürlich in Headline & Lead.
- Verlinke auf zentrale Ressourcen (Landingpage, Download, Kontakt).
- Nutze strukturierte Daten auf der Presse-Seite (NewsArticle Schema), technisch umgesetzt via CMS.
- Ladezeiten für Bildmaterial optimieren (WebP für Web, Original in Archiv).
- Indexierung: wenn exklusiv an Medien gegeben, kann man NoIndex setzen und nur Auszüge veröffentlichen; ansonsten komplette PM auf Pressebereich.
11. Metriken: Wie du Erfolg misst
Leg KPI-Dashboard an:
- Medien-Clippings: Anzahl Artikel / Reichweite.
- Backlinks: Qualitätslinks aus relevanten Medien.
- Traffic: Visits auf verlinkter Landingpage in 7/30 Tagen.
- Leads: Downloads / Registrierungen per PM-Quelle.
- Social Reach & Engagement: Shares, Likes, Kommentare.
- Qualifizierte Kontakte: Anfragen, Interviewangebote.
Verknüpfe UTM-Parameter mit Links in der PM, damit du Traffic zuordnen kannst.
12. Häufige Fehler & wie du sie vermeidest
- Zu marketinglastig – Journalisten wollen Fakten, nicht Werbung.
- Kein Angebot für O-Ton – liefer schnellen Zugang für Interviews.
- Grafiken nur als „große ZIP“ – Einzeldateien bevorzugen.
- No-follow überall – für SEO lohnt ein echter Link, nicht nur Screenshots.
- Massenverteiler ohne Targeting – viele Streuverluste, wenig Wirkung.
13. Templates & Beispiele (Copy-ready)
Headline:[Firma] startet [Produkt]/sichert [Finanzierung]/veröffentlicht Studie zu [Thema]
Lead (1 Satz):[Ort], [Datum] – [Firma] [Kurzform des Ereignisses], das [Nutzen/Relevanz für Zielgruppe].
Zitat-Beispiel:„Mit [Maßnahme] reagieren wir auf [Marktentwicklung] und bieten [Nutzen]“, sagt [Name, Position].
Boilerplate (2 Sätze):[Firma] ist ein [Kurzbeschreibung] mit Sitz in [Ort]. Seit [Jahr] [Kurzmission]. Weitere Informationen unter [URL].
Kopiere, passe an, fertig.
14. Workflow: Von Briefing bis Auswertung (Praktische Checkliste)
- Briefing: Ziel + Zielgruppe + KPIs definieren.
- Asset-Sammeln: Bilder, Logos, Datasheets, Zitate.
- Schreiben: Headline → Lead → Body → Quote → Boilerplate.
- Review: Redaktioneller Check + rechtliche Prüfung (Claims).
- Pressekit packen: Dateien strukturieren.
- Verteiler personalisieren: Top-Liste priorisieren.
- Release & Follow-Up: Mail + Social + Paid.
- Monitoring: Clippings & Web-Traffic tracken.
- Reporting: KPI-Auswertung, Learnings dokumentieren.
15. Advanced: Mit PR als Channel skalieren (Agentur-Tipp)
- Baue ein wiederverwendbares Pressekit-Template pro Kunde.
- Führe eine Medien-Matrix (Thema → Medium → Relevanz) für jede Branche.
- Automatisiere UTM-Tagging + Clipping-Alerts (Tools/Feeds).
- Entwickle Mini-Stories (2–3 Varianten): lokal, regional, international — je nach Kanal.
16. Krisen- und Rechtssicherheit
- Keine irrelevanten oder rechtlich nicht haltbaren Claims.
- Bei sensiblem Material: NDAs prüfen, juristischen Freigabeprozess einbauen.
- Schnelles Reaktions-Playbook für falsche Medienberichte vorbereiten (Statement + Ausspielplan).
Schlusswort, Warum du das jetzt anders angehen solltest
Pressemitteilungen sind keine verstaubten Formulare, sie sind strategische Signale. Wer sie wie Content-Beilage benutzt, verschwendet Zeit. Wer sie als Werkzeug begreift, Zielgruppe, Timing, Assets, Distribution, Messung, hat ein mächtiges Hebelwerk, um Sichtbarkeit, Trust und Geschäftsergebnis zu steuern.
Mach dir eine einfache Regel zu eigen: Jede PM muss einen klaren KPI haben. Dann wird aus Selbstmarketing Strategie und aus Strategie Resultate. Ein kleiner Nebeneffekt von Pressemittleitungen, die woanders weiter veröffentlicht werden, sind kostenlose Backlinks für das eigene Portfolio. 😉
